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Rezepturentwicklung von biologisch abbaubaren Rohkunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen für hochbeanspruchbare Formkörper

  • Projektbeginn: 03/1998

Das Projekt Rezeptierung 1 wurde in enger Verzahnung mit Forschungsarbeiten beim PPM e.V. durchgeführt, die sich mit der Kopplung von nativen Stärken und stärkehaltigen Rohstoffen mit polycarboxylfunktionellen Pflanzenölderivaten befassen. Die Umwandlungsreaktion der Ausgangs-komponenten zu den entsprechenden Stärke-Poly(halb)-estern der Fettderivate in einem Zweiwellenextruder führt zu thermoplastischen Werkstoffen, wobei allerdings die erhaltenen Rohkunststoffe vor ihrer Anwendung, wie alle Kunststoffe, der Rezeptierung bedürfen. Insbesondere erfordert die teilweise sehr hohe Sprödigkeit das Einarbeiten von Weichmachern.

Ziel des Projektes Rezeptierung 1 war es, in Zusammenarbeit mit dem Süddeutschen Kunststoffzentrum (SKZ) in Würzburg, einerseits ausgewählte Rohkunststoffe bzgl. grundlegender Eigenschaften zu charakterisieren und andererseits ausgehend von diesen Eigenschaften, unterschiedliche Additive vorzuschlagen und auf ihre Wirksamkeit hin zu testen. Spezielles Ziel war die Ausrichtung dieser Rezeptierung auf technische Kunststoffe, also Kunststoffe für hochbeanspruchbare Formkörper.

Der Projektpartner SKZ befaßte sich im Rahmen eines Unterauftrages mit Untersuchungen zur Ermittlung grundlegender Standardkennwerte. So wurden mit Hilfe der Differenzthermoanalyse Oxidations- und Glasübergangstemperaturen und mittels Thermogravimetrie die thermische Stabilität der Proben bestimmt. Weiterhin erfolgte eine Bestimmung der Schmelzindizes nach DIN ISO 1133. Wesentliches Ergebnis dieser grundlegenden Untersuchungen ist die Erkenntnis, daß die Materialien mit ihren Werten im Bereich handelsüblicher Thermoplaste liegen. Daneben wurden durch das SKZ spezifische Untersuchungen zur Rezeptierung der Rohkunststoffe mit der Zielstellung, die Sprödigkeit der Proben zu verringern, vorgenommen. Das SKZ führte hierzu Einarbeitungsversuche von weichmachenden Substanzen mit Hilfe eines Plastographen (Kneter) in die Rohkunststoffe durch.

Diese durch das SKZ vorgenommenen Rezeptierungsarbeiten wurden beim PPM e.V. nachvollzogen und sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch bezüglich der Art der Versuchsdurchführung weiterentwickelt. Im Vergleich mit den Ergebnissen des SKZ fielen hier die Ergebnisse positiver aus, was im wesentlichen auf zwei Gründe zurückzuführen ist: die Einarbeitung der Weichmacher von Anfang an anstelle einer nachträglichen Zugabe und die Verwendung eines Zweiwellenextruders, der eine gänzlich andere Prozeßführung erlaubt als der Plastograph des SKZ. Einerseits sind die für die Einarbeitung notwendigen Scherkräfte beim Extruder wesentlich höher als beim Plastographen und zum anderen erwiesen sich die entlang der Extruderschnecken variabel einstellbaren Temperaturen im Gegensatz zum Plastographen, bei dem mit einer einzigen Temperatur gearbeitet wird, als relevant.

Im Rahmen der Forschungsarbeiten zur Rohkunststoffsynthese aus Pflanzenölharz und Stärke wurde unter Variation der eingesetzten Addukte und der Prozeßparameter des Extruders ein breites Versuchsprogramm abgearbeitet; wobei im wesentlichen der prozentuale Harzanteil und die verwendeten Stärken variiert wurden. Darüber hinaus wurden weitere Additive, die nicht zuvor durch das SKZ getestet wurden, auf ihre weichmachende Wirkung hin getestet.

Insgesamt wurden dabei 13 verschiedene konventionelle Weichmacher, von denen 6 üblicherweise in olefinischen Massenkunststoffen eingesetzte Substanzen geringe oder keine erkennbaren Effekte zeigten. Bei Zugabe der Weichmacher zeigte sich tendenziell eine Abnahme der Feuchteempfindlichkeit.

Die Test mit nativen Weichmachern, wie Pflanzenölen, Glycerol oder Sorbitol, zeigten mit zunehmendem Anteil eine nachweisbar steigende Flexibilität der Rohkunststoffe. Diese Ergebnisse wurden dann erreicht, wenn die Additive den Rohstoffan-mischungen vor der Extrusion beigefügt wurden. Wesentlich aussichtsreicher sind Kombinationen mit Pflanzenölepoxiden und Sorbitol als Feststoffkomponente, die je nach gewähltem Anteil zu sehr flexiblen Kunststoffen führten. Diese kombinierte Zugabe der Additive führte nicht nur zu einer wesentlichen Weichmachung der Kunststoffe, sondern auch zu einer erheblichen Farbaufhellung von zitronengelb bis orange-braun, was eine sehr gute Einfärbbarkeit mit konventionellen Farbstoffen zur Folge hatte.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Beimischung der Additive zu der Rohstoffanmischung in Verbindung mit den höheren Scherkräften des Extruders und der variablen Temperaturführung zu besseren Ergebnissen führt als nachträgliche Einmischung und Verarbeitung in einem Plastographen. Es wurde nachgewiesen, daß die benutzten Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen mit der üblichen Kunststoffverarbeitungstechnik verarbeitbar sind. Hierzu sind aber noch tiefergehende Untersuchungen, insbesondere hinsichtlich der optimalen Prozeßführung für hochbeanspruchbare Formkörper notwendig. Erste Grobprüfungen ergaben, daß die Werkstoffe zum einen gute mechanische Kennwerte aufweisen und damit prinzipiell für den Einsatz für hochbeanspruchbare Formkörper geeignet sind. Auch bestätigen erste Screeningversuche die biologische Abbaubarkeit des Materials.

Defizite bestehen noch bei der Hydrophobierung des Materials. Es ist in den umfangreichen Versuchsreihen zwar gelungen, eine gewisse Hydrophobierung zu erzielen, allerdings ist die Wasserbeständigkeit bis dato noch nicht für alle Anwendungen ausreichend.

Verfasser: Dipl.-Ing. W. Witek

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